Das Ergebnis STEHT FEST, oder?

21st Century Man vom 20.10.2017

(zum Vergrößern ins Bild klicken)

Falls Sie sich ob des obigen Bildchens fragen sollten, warum wir hier bei hedopunk heute so staatstragend auftreten: Heute ist immerhin der Tag der Verkündung des amtlichen Endergebnisses der Nationalratswahl. Just zur Geisterstunde durfte der Innenminister dasselbe via öffentlich rechtlichem Teleschirm bekanntgeben. Wir wissen um den Wahlausgang wegen ausgefeiltester Hochrechnungsalgorithmen, die uns jedes Mal den letzten Rest an gespannter Vorfreude verderben, zwar ohnehin schon seit Anfang der Woche (genauso wie wir uns das Wahlergebnis, durch diverse Meinungsumfragen vorbereitet, ja auch – gleichsam in Form einer selbsterfüllenden Prophezeihung – schon vor jeder Wahl bereits denken können). Sei’s drum, schon des Rituals wegen: Österreich hat gewählt und dieser Anlass darf schon ein Bisserl feierlich begangen werden.

Und falls Sie sich wegen der seltsamen Handzeichen auf dem Bild den Kopf kratzen oder womöglich gar vor selbigen gestoßen fühlen sollten (wovon ich jetzt mal nicht ausgehe), na ja, die Fingergeste auf der rechten Seite können Sie getrost an die rund 60 Prozent der Wähler gerichtet sehen, die als Entscheidungshilfe für ihr Kreuzerl auf dem Stimmzettel offensichtlich entweder Modemagazine, Gratiszeitungen oder ihr Bierglasl herangezogen haben (was im Übrigen ja bereits einen gewaltigen Fortschritt erkennen lassen könnte, wenn man/frau der Überzeugung des verstorbenen Musikers Frank Zappa folgen möchte, wonach 90 Prozent der Menschen ohnehin Arschlöcher seien). Hierzu sei noch bemerkt, dass die Verpixelung der allgemein als Stinkefinger bekannten, mitunter (vor allem im angelsächsischen Sprachraum) auch als Fuck-Finger bezeichneten Schmähgeste durchaus einen praktischen Grund hat und nicht bloß einen ästhetischen. Ich komme gleich darauf zu sprechen. Für das Handzeichen auf der linken Bildhälfte wiederum hat mir eine politisch interessierte, junge Dame einen wichtigen Hinweis geliefert, aber dazu später.

Die Hand mit dem ausgestreckten Mittelfinger, eine obszöne Geste, die bereits seit der Antike bekannt ist, erfüllt in Deutschland den Tatbestand einer Beleidigung und kann strafrechtlich geahndet werden, in Österreich stellt der digitus impudicus, der „unzüchtige Finger“, wie er im alten Rom genannt wurde, eine Anstandsverletzung dar und rechtfertigt eine Bestrafung nach dem Verwaltungsrecht, in der Schweiz darf gar die Unfallversicherung ihre Leistungen an jenem Beteiligten einer Schlägerei kürzen, der durch das Zeigen des schlimmen Fingers dieselbe ausgelöst hat. Sie merken schon, ich schmökere immer noch gerne in der Wikipedia, mag diese auch regelmäßig in Verruf kommen, aber ein Abo für die Encyclopædia Britannica ist einfach nicht drin. Von ihrer historischen Entstehung ausgehend kann die Geste jedenfalls als Phallussymbol gedeutet werden, oder präziser als ‚erigierter Penis im Sinne einer sexuell konnotierten Drohung. Der kynische Philosoph Diogenes von Sinope soll sie Besuchern der Stadt Athen gezeigt haben, die den berühmten Rhetor Demosthenes sehen wollten; dazu habe er gerufen: „Da habt ihr euren athenischen Demagogen!“‘, läßt sich in der Wiki erfahren. Demgegenüber nimmt sich der sogennannte Fingerkreis geradezu harmlos aus, zumindest auf den ersten Blick. Wer Zeigefinger und Daumen zu einem Kreis formt und die restlichen Finger abspreizt, ist entweder Taucher/in und bedeutet damit, dass alles in Ordnung ist oder man/frau/kind möchte seine/ihre Begeisterung über die formidable Qualität der Cuisine, oder generelles Lob aussprechen. Allerdings gilt dies nur für gewisse Länder, wie Deutschland, die Schweiz und Österreich. In Südeuropa (vor allem Italien), Russland und Brasilien wird dies als Beleidigung aufgefasst und ist im Gegensatz zum Mittelfinger eher als anales Symbol anzusehen. Etwas überspitzt darf ich, nicht zuletzt auch im Hinblick auf die geschlagene Wahl, also zusammenfassen, dass die Mehrzahl der Österreicherinnen und Österreicher – selbstverständlich rein symbolisch gesehen – mit so manchem Fingerzeig wohl gewisse Schwierigkeiten hat, mit Arschlöchern hingegen nicht das geringste Problem. Und das ist jetzt bitte keinesfalls im Sinne einer Präferenz oder gar Diskriminierung sexueller Vorlieben zu verstehen.

Um auf die oben erwähnte Politikbeobachterin, die diesen Beitrag inspiriert hat, zurückzukommen, möchte ich auf die letztere der Handgesten noch etwas näher eingehen. Die junge Frau, ich darf sagen das Mäderl – sie ist erst fünf – hat den beschriebenen Fingerkreis in einem ganz anderen, für mich sehr überraschenden Zusammenhang verwendet. Nämlich als Größenvergleich. Diesem ist beim beiläufigen TV-Nachrichten-Schauen der spontane Ausruf „Vogel!“ ihrerseits vorausgegangen, und zwar bei einem kurzen Fernsehbeitrag über den ehemaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser. Nun, gedankliche Assoziationsketten nehmen bei Kindern oft einen sprunghaften Verlauf und finden nicht immer Ausdruck in sogleich verständlichen Sätzen, womit ich allerdings keinesfalls generell ihre Trefflichkeit in Frage stellen möchte (ich mein‘, der ist schon ein komischer Vogel). Ich war jedenfalls verdutzt und habe mich näher erkundigt, bekam aber nur ein weiteres Rätsel eben in Form des besagten Fingerkreises zur Antwort. Hier wurde eine weitere Nachfrage meinerseits allerdings belohnt. So groß, so die künftige Jungwählerin, sei nämlich das Gehirn von Donald Trump. Damit konnte ich dann tatsächlich etwas anfangen. Und es konnte auch keine/r behaupten, das wäre jetzt über alle Maßen übertrieben, da sich bei einer Kinderhand zwar nicht gerade der Radius einer Pflaume ergibt, dieser aber immerhin deutlich größer ausfällt als beim Vermessen eines Erbsengehirns. Wir hatten dann beide jedenfalls jede Menge Spaß bei der Vorstellung, dass der etwa murmelgroße Denkapparat in dem ihn umgebenden Hohlraum umherkullert oder hin und her rollt, wie eine Mozartkugel in einer Halfpipe. Und beim Betrachten einer Trump-Rede ist mir dann aufgefallen, dass Mr. President die Handgeste in der Tat gefühlte 30 mal innerhalb einer Minute vollführt. Ich kann Ihnen nur empfehlen einmal darauf zu achten, das ist wirklich sehr unterhaltsam, wenn einer/einem mal fad ist im Schädel. Schließlich ließ sich dann auch noch die Frage nach dem Vogel zumindest allgemein klären, da dieser nach Auffassung des Mädchens bei manchen Leuten aus den Augen herausgucken würde. Und so entstand nach und nach eine politische Debatte, die ich weder initiiert noch erwartet hatte, und die für mich sehr überraschend verlief.

Ich hatte ja den leisen Verdacht, dass da bereits, von welcher Seite auch immer, politische Vorbildung geleistet worden war, aber man/frau sollte kleine Kinder nicht unterschätzen. Die haben durchaus sehr klare Vorstellungen und ihren eigenen Kopf. So war meine Gesprächspartnerin der Meinung, dass zehn Limousinen und ebensoviele Flugzeuge zu viel des Guten seien für den Präsidenten, sie sprach von Herrn Trump – ich darf einwerfen, ihr ist ein großes Interesse an Fahrzeugen aller Art eigen – und dass dem „Alexander“ (also unserem Staatsoberhaupt) nur drei „Autos mit den vielen Fenstern“ (also Strech-Limos)  zur Verfügung stünden, das sei recht und billig. Ich muss dazu sagen, sie mag den Alexander, das war schon bei der letzten Wahl so. Auch da ließ sie keinerlei Zweifel bezüglich ihrer Präferenzen aufkommen. Woher das kommt? Keine Ahnung, den Herrn Hofer mochte sie jedenfalls gar nicht, was mich damals durchaus überrascht hat, da der doch so ein freundlicher, älterer Herr ist. Ich habe jedenfalls weder den Fuhrpark des einen noch des anderen Präsidenten recherchiert, in unseren Debatte dann aber doch eingeworfen, dass mir zwei Fahrzeuge als angemessen erscheinen würden für den Alexander. Weil der ja doch immerhin der Bundespräsident sei und überdies eines davon kaputt gehen könnte, worauf wir uns dann schlussendlich einigen konnten. Was sie noch über den Alexander zu berichten hatte, war, dass der „die Macht nicht haben“ will. Da musste ich abermals darüber grübeln. Das klang sehr eigentümlich aus Kindermund, schon beinahe ein wenig ehrfürchtig. Die Macht. So als hätte Prinzessin Leia in Star Wars davon gesprochen. Ich habe dann noch etwas nachgefragt und siehe da: wieder ein Volltreffer. Gemeint hat sie, dass der seine Macht abgeben will. Tatsächlich ist Herr Van der Bellen ja dafür eingetreten, die Machtbefugnisse des Bundespräsidenten zu begrenzen. Jetzt war ich wirklich baff.

Da soll noch einmal eine/r behaupten, politische Bildung von Kindesbeinen an würde nichts bringen, ach, Sie meinen, das sei eh schon gang und gäbe. Hm, wenn ich so recht überlege, da gibt es tatsächlich schon so einiges an interessanten Programmen. Unlängst bin ich da über eine Website gestolpert, die nennt sich daskleineeinmaleins.com, bezeichnet sich selbst als ‚Wahlguide für Jungwähler‘ und liefert eine Menge politisches Basiswissen. Okay, Sie haben recht, das ist etwas für größere Kinder. Aber als vor kurzem mal das Kinderprogramm logo! Die Welt und ich. auf dem Sender KIKA gelaufen ist und die dort anlässlich des 40. Jahrestages der „Offensive 77“ einen Beitrag über die Rote Armee Fraktion (RAF) gebracht haben, da hab‘ sogar ich mit den Ohren geschlackert. Ich mein‘, das war richtig gut gemacht und recht objektiv in der Darstellung, mit einfachen und übersichtlichen Animationen, alle Achtung. Zu meiner Zeit gab es Vergleichbares jedenfalls nicht, dafür die Sendung mit der Maus und Fernsehdebatten mit Bruno Kreisky, die hatten es allerdings in sich. Politik am Familientisch wurde bei uns ab einem gewissen Zeitpunkt abgestellt, sehr zu meinem Leidwesen, die war angeblich „zu laut“. Naja, vielleicht poste ich wieder mal was zum Thema – mir kommt da über die RAF, die in meiner Kinderzeit ja noch virulent war, eine Anekdote in den Sinn, aber das würde jetzt zu weit führen.

Ach Gottchen…

Wer übrigens meint, wir hätten uns bei der Darstellung des Stinkefingers auf die künstlerische Freiheit berufen können, hat selbstverständlich recht. Noch dazu gibt es hierzu bereits eine Referenz – die künstlerische Intervention im öffentlichen Raum durch den tschechischen Künstler David Černý in Form eines riesigen Stinkefingers auf einer schwimmenden Plattform in der Moldau, gerichtet an einen Abgeordneten im tschechischen Parlament (genützt hat das offensichtlich nicht allzu viel, wenn man/frau/kind sich die bevorstehenden Wahlen in Tschechien vor Augen führt). Wie auch immer, ich finde, die Unkenntlichmachung des schlimmen Fingers macht schon Sinn, wir wollen ja hier niemanden zu einer strafbaren Handlung anstiften, nicht? Ich beschränke mich da heute lieber auf ein herzliches FUCK OFF! Kleine Randnotiz: Im Fußball scheiterte laut gestrigem ORF-Beitrag Österreichs Frauen-Nationalteam im Testspiel gegen den EM-Sieger Holland. Die Damen hatten zahlreiche Chancen, scheiterten aber an Latte und Stange.

 

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Mag. Rozsenich (vormals Frau Márkos [vormals Monsieur O])

Mag. Rozsenich (vormals Frau Márkos [vormals Monsieur O])

Künstlert, schriftstellert und restauriert (zumindest laut Statistik Austria).

Mag. Rozsenich (vormals Frau Márkos [vormals Monsieur O])

Autor: Mag. Rozsenich (vormals Frau Márkos [vormals Monsieur O])

Künstlert, schriftstellert und restauriert (zumindest laut Statistik Austria).